Reflexion 1: Erfahrungsbericht: Gruppenarbeiten in Vorortveranstaltungen versus Breakout Sessions im Remote Lernraum.
Wie bilden sich Gruppen für gemeinsame Übungen in Vorort Seminaren? Wir zählen ab und haben dann die Gruppen 1 bis 3 oder die Teilnehmer sind sich sympathisch und wählen sich gegenseitig in ihren Kreis. Dann sucht sich jede Gruppe eine ruhige Ecke und beginnt mit einem Gruppenbildungsprozess. Sie müssen als erstes zu einem Team werden, einen gemeinsamen Rhythmus entwickeln, eine gemeinsame Tonart finden, Rollen festlegen und Regeln für die Zusammenarbeit abstimmen und ganz wichtig, noch schnell einen Kaffee organisieren. Bei einigen Gruppen funktioniert das wunderbar und sie kommen schnell ins Arbeiten. Bei anderen Gruppen funktioniert das nicht ganz so gut, das liegt daran, dass hier gemenschelt wird. Vielleicht ist man sich unsympathisch, oder denkt, der Gegenüber ist ein Schwätzer oder Poser. In machen Gruppen befindet sich ein Alphamensch, der das Thema, die Grupendynamik und die Werkzeuge an sich reißt und sein Ding durchzieht. Bei solchen Gruppen geben die anderen im Team meistens nach und hoffen, dass die halbe Stunde schnell vorbei geht. Das kennen Sie bestimmt auch. Sie beobachten dann den Redner und sind fasziniert von einem Detail, wie einer merkwürdigen Locke, und achten nicht mehr auf das Thema. Wenn ich nicht bei der Sache bin, dann erwische ich mich bei solchen gedanklichen Ausflügen. Aber zurück zum Thema.
Wie sehen denn die Ergebnisse eines Vorort Seminars aus? Auf Metakarten werden wichtige Punkte geschrieben, diese werden an die Metawand gepinnt. Oftmals können nur Ausgewählte den Text auf der Karte lesen und eine halbe Stunde später weiß niemand mehr, was sich die Gruppe bei diesem Text gedacht hat. Am Ende des Seminars werde ich dann gefragt, ob ich alles in mein Fotoprotokoll packen kann. Bei der Präsentation in der großen Runde kommt der Alphamensch noch einmal zum Zug und präsentiert sich und nicht die Ergebnisse des Teams. Jeder kann sich nun vorstellen, dass das für alle anstrengend ist. Niemand identifiziert sich mit den Ergebnissen, kritische und konstruktive Fragen werden nicht gestellt. Niemand nimmt die Ergebnisse mit, auch wenn sich die ganze Gruppe bemüht hat, ihn zu unterstützen. Meine Beobachtung ist hier: Das Thema ist nicht im Fokus, sondern der Austausch untereinander.
Wie bilden sich Gruppen in Breakout Rooms? Ich lasse die Gruppen beim ersten Mal willkürlich erstellen. Es treffen sich dann drei oder vier Personen zufällig in einem Raum. Alle haben die gleiche Datei zum Ausfüllen. Es wird nicht gefragt, wer die beste Handschrift hat, sondern, welches Projekt besprochen werden soll. In den Breakout Session steht das Thema im Vordergrund. Alle konzentrieren sich auf den gemeinsamen Canvas. Diskutieren das Projekt, schreiben mehr als ein Stichwort und am Ende gibt es ein wertvolles Ergebnis. Jeder hat mitgearbeitet, Fragen gestellt oder kritisch nachgehakt. Nach einer solchen Übungseinheit treffen wir uns wieder im Plenum. Das Ergebnis kann sich in den meisten Fällen sehen lassen.
Wie sehen diese Ergebnisse aus? Die Vorlage ist leserlich und mit vollständigen Sätzen ausgefüllt. Natürlich muss einer aus der Gruppe präsentieren, doch das ist oftmals kein Problem. Im Zentrum der Präsentation ist das geteilte Ergebnis und nicht der Mensch, der präsentiert. Die anderen stellen kritische und konstruktive Fragen und schenken dem Team oftmals Impuls und weitere Punkte, an die diese nicht gedacht haben. Und noch etwas ist anders. Die Ergebnisse der Breakout Sessions werden wertgeschätzt. Die Dateien werden mitgenommen und oftmals arbeitet der ein oder andere noch daran. Manchmal bekomme ich diese Arbeiten im Nachgang geschickt und werde gefragt, ob ich mal schauen kann. Vorort ist das nicht der Fall. Da werde ich gefragt, ob ich das Ergebnis in das Fotoprotokoll aufnehmen kann.
Was ist nun besser, werde ich manchmal gefragt. Ich mag beides. Vorort bedeutet für mich, Teambuildingaktivitäten. Mache aus Fremden Freunde ist hier das Motto. Es soll Spaß machen, das Lernen, und wenn das Ergebnis auch noch stimmt, dann ist es mega. Remote bedeutet, wir wollen konstruktiv und konzentriert an einem Thema arbeiten und verzichten bewusst auch Ablenkung. Wir arbeiten am Thema und beobachten nicht das Gegenüber und die tolle Uhr oder den raffinierten Haarschnitt oder das teure Hemd sieht niemand, denn es ist nicht wichtig. Vorort bedeutet, ich dirigiere und bin der Fokus der Veranstaltung. Remote bedeutet: Input ist geliefert und jetzt haben wir beim gemeinsamen Arbeiten Spaß.
In diesem Sinne. Bleiben Sie gesund.
Ihre Michaela Kühn
pragmatisches visuelles Projektmanagement | agile Business Analyse
Comments